Munich and Berlin in philosophy – a comparison

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München und Berlin sind in Sachen Philosophie wie die Ufer der Isar und der Spree respektive.

In München ist alles naturbelassen. Das Ufer wird entdeckt, um genutzt zu werden, ohne verändert zu werden. Man kann grillen, Bier trinken, dann nach Hause fahren, und nichts wird davon zeugen, dass irgendwelche Menschen da waren.

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In Berlin ist dagegen die Spree urban. Sie dient dem Menschen, nachdem sie vom Menschen gestaltet wurde.

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Genauso die philosophischen Institute in beiden Städten. In München lehren Realisten. Sie besuchen die Wirklichkeit und, während sie bei ihr sind, passen sie auf, sie unverfälscht zu bewahren.

In Berlin haben die Kantianer und Hegelianer eindeutig einen besseren Status.

Philosophy in Munich and Berlin are like the riverbanks of the two cities. In Munich, the natural environment of the Isar is highly respected. You can go there for a picnic or a barbecue, but then you go home and nothing remains to witness that any human being was there. The Spree in Berlin is different. Not only does it serve the population: it is shaped by human activities.

Quite like the institutes of philosophy in both cities. Munich is the realm of realists. The just visit reality and, as long as they are there, they pay attention to keep it natural.

In Berlin, Kantians and Hegelians have clearly a better status.

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Perdurantismus gegen Endurantismus

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Wenige Dinge sind für einen Philosophen so unsexy wie die Einsicht, ein Streit lasse sich nicht durch intellektuelle Anstrengung entscheiden.

Der Streit zwischen Perdurantisten und Endurantisten ist ein solcher Fall. Die Perdurantisten meinen, ich bestünde aus mereochronologischen Scheiben: einem S.G. des 27. Oktober, einem S.G. des 28. Oktober, einem S.G. des 29. Oktober… Die Endurantisten meinen dagegen, ich würde im Sinne meiner körperlichen Existenz existieren.

Warum dachte ich ausgerechnet jetzt daran? Nun ja, heute habe ich die Frage verneint, ob ich jemals in der DDR war.  Wohlgemerkt bin ich jetzt in der DDR – bzw. im ehemaligen Territorium des Staatsgebildes.

Ich meine, dass ich Recht habe, diese Frage zu verneinen. Wäre der Terminus “DDR” als “Territorium der DDR” zu verstehen, so hätte ich gesagt, dass ich jetzt und auch sonst mehrmals in der DDR gewesen bin. Da er aber im Sinne einer mereochronologischen Scheibe gemeint ist, war ich niemals in der DDR, weil ich Ostdeutschland erst nach 1990 besuchte.

Es gibt Termini, die der Perdurantismus besser analysiert (z.B. “DDR”) und andere, die der Endurantismus besser analysiert (z.B. “Dreieck”).

Mega Cam

For a philosopher, only very few things are so unsexy like realizing that some dispute is not decidable by thinking alone.

The dispute between perdurantists and endurantists is such a case. The former think that I consist of mereochronological slices: an S.G. of October 27th, an S.G. October 28th, an S.G. of October 29th, and so on… By contrast, endurantists think that my existence is my bodily being.

Why do I think of this now? Just because today I had to negate the question whether I’ve been in the GDR before. NB, I am in the former territory of the GDR now.

I’m justified to negate the question, I think. If the term “GDR” were to mean “territory of the GDR”, i.e. East Germany, then I should say that I’ve been in the GDR and, in fact, that I’m there right now. But since the term refers to a mereochronological slice, I was never in the GDR.

There are terms which perdurantism analyses better (e.g. “GDR”) and terms which endurantism analyses better (e.g. “triangle”).

Politeia

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Heute schreibe ich über meinen Vater, denn der 26. Oktober war sein Namenstag: das Fest des heiligen Demetrius.

Wer sich an die Lektüre von Platons Republik gemacht und nur das Bisschen Geduld gehabt hat, das nötig ist, um über die ersten Seiten hinauszukommen, wird noch wissen, wem Sokrates die ersten Fragen stellt: Kephalos, dem greisen Messerfabrikanten. Der meinte, ein rechtes und erfülltes Leben gelebt zu haben, denn er habe seinem Sohn Lysias – dem bekannten Redenschreiber – ein größeres Vermögen hinterlassen als das Vermögen, das er von seinem Vater Lysanias einst erhielt, und etwa ein mit dem gleichwertiges, das dieser wiederum von dessen Vater Kephalos geerbt hatte.

Um der berechtigten Frage nachzugehen, ob das ein Kriterium des erfüllten und rechten Lebens sein darf, muss der Leser allerdings viel Geduld aufbringen. Die Republik ist ein sehr langes Werk.

Was dem Leser leicht entgeht, ist, dass Kephalos zwischen den Zeilen ein weiteres Kriterium des rechten und erfüllten Lebens angibt: Jeder Sohn hieß in Kephalos’ Familie so oder ungefähr so wie der Großvater. Der Name des Sohnes garantiert das Ahnengedenken.

Auch ich heiße so wie ein Großvater – ein ehemaliger Bürgermeister einer kleinen Gemeinde auf einer Insel in der Ägäis. Aber keines meiner Kinder heißt so wie mein Vater. Denn erstens habe ich Töchter, zweitens würde sich meine Frau mit keinem mit Ach und Krach sprachlich angepassten Männernamen für die eine oder die andere Tochter abfinden. Für jemanden wie meinen Vater, der meint, dass jeder Eigenname eine Ehrerbietung an einen Ahnen sein soll, ist das traurig.

Im Sommer war ich wieder mal bei meinen Eltern, in Südost-Attika. Dort hat mir mein Vater einen Stapel DIN-A4-Seiten präsentiert, die sich als seine Memoiren herausstellten – seine privaten Momente (sein “bios“) und seine öffentlichen auch (seine “politeia“). Darunter gibt’s haarsträubende Geschichten über suizidöse Geschäftspartner, über zum Fenster hinausgeschmissenes Geld, über die Leidenschaft des Tauchens vor dem Hintergrund eines Landes (Griechenland in den 80ern) im Sog der Entindustrialisierung, der politisch kalkulierten chaotischen Zustände, der Misswirtschaft, der Klientelwirtschaft.

Der Stapel ließ sich schön lesen. Ein Kribbeln im Bauch erzeugten allerdings bei mir die ersten Seiten über den acht-, zehn-, zwölf-, sechzehnjährigen Insulaner, der Wehrmachtsoldaten um ein paar schön glänzende Schießpatronen bittet, der auf dem Weg zur Schule untergetauchten Genossen seines Vaters (Opa Stamatios war KP-Mitglied…) sein Pausenbrot gibt, der im Streit einen Schatz aus im Gebüsch versteckten Fensterscheiben kleintritt, der nach Athen will. Nicht ohne Unbehagen stellte ich fest, Sohn eines impulsiven Abenteurers zu sein.

Der heilige Demetrius liegt meinem Vater näher als Christus. Selbst die ikonographische Darstellung des die Polis verteidigenden Heiligen hat klassische Vorbilder. Sie soll christliche Liebe mit homerischem Streit verbinden.

Antiker Demetrios

Die Menschen streiten meistens genauso gut, wie sie lieben können. Mein Vater jedenfalls…

Obwohl ich diesen Blogeintrag erst post festum schreibe, habe ich ihm gestern nicht zu gratulieren vergessen. Den Namenstag meines Vaters vergesse ich nie.

Gonikes prosmones eng

Today I am writing about my father. October 26th is the day of the saint whose name he bears: Demetrius.

Those who were patient enough to start reading Plato’s Republic and to continue reading after the first pages will remember whom Sokrates asks the first questions: Cephalus, the old knife-manufacturer. Cephalus considers his life to be just and virtuous since he left his son, Lysias, the well-known orator, a property much bigger than the one which he had received by his own father, Lysanias, and almost as big as the one which Lysanias had received by his father, Cephalus.

Of course, the question is whether this is a justified criterion of a just and virtuous life. In order to learn what Plato thought about this, the reader has to have much patience. The Republic is a dialogue which goes on and on for hundreds of pages.

But most readers have already failed to see that Cephalus boasts of one more criterion of a just and virtuous life he thinks he fulfils: every son in his family is named after a grandfather. The sons’ names guarantee that the ancestors will be remembered.

I was named after a grandfather myself. He was a mayor of a little village on an Aegean island. But none of my children is named after my father. One reason is that I have two daughters. Another is that my wife would never want her daughters bear a male’s name which has been grammatically adapted for them. For someone like my father who thinks that proper names express veneration for an ancestor, this is sad.

Last time I was with at my parents’ place in southeast Attica it was in the summer. My father presented me a pile of paper which turned out to be his memoirs: the private moments (his “bios“) as well as the public ones (his “politeia“). Embarassing stories about business partners with suicidal tendencies, spent money, the passion of diving in front of a background of a country (Greece in the 80s) de-industrialized, in a situation of politically manipulated chaos, mismanagement and patronage.

The pile was a good reading. However, it was unpleasant to read the first pages about the eight-, ten-, twelve- and sixteen-year old who asks German soldiers to give him some shiny machine-gun cartridges, who gives his sandwich to his father’s comrades on his way to school (grandpa Stamatios was a member of the Communist Party…), who destroys a treasure of window panes hidden in a bush just to show he’s angry, who wants to go to Athens. I realized that I am the son of an impulsive adventurer – and this not without discomfort.

My father is closer to Saint Demetrius than to Jesus. Even the iconographic tradition of the saint who defends the polis corresponds to classical Greek reliefs and combines Christian love with Homeric anger.

The intensity of anger often corresponds the intensity of love which one is able to feel. At least this is the case with my father.

I’m writing this posting only post festum, but I didn’t forget to call and wish all the best. I would never forget my father’s name day.

Philosoph für mission impossible gesucht

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In der Webpräsenz der Zeitschrift Information-Philosophie findet man unter anderem ein interessantes Stellenangebot für eine (-n) Doktorandin (-en), der/die sich in das Projekt DiaMind in Helsinki einbringen soll. Interessenten können sich bis zum 31. Oktober 2013 um den mit Mitteln der finnischen Akademie finanzierten Job bewerben,

die Logik der Zukunft und entstehende Denk- und Kommunikationsformen zu erforschen.

Dabei ist die Logik der Zukunft gründlich anders als etwa der morgige Schneefall. Wenn ich den morgigen Schneefall erforsche, bringe ich ihn nicht hervor. Aber wenn ich die Logik der Zukunft erforsche, dann muss ich diese Logik entwickeln und dann ist sie nicht mehr die Logik der Zukunft, sondern die Logik der Gegenwart.

Am 1. Januar fängt der/die erfolgreiche Kandidat (-in) mit der Arbeit an. Es ist zwar genau genommen ein logischer Fehler, ihm/ihr Erfolgschancen bei der Ausführung der Aufgabe einzuräumen, aber im winterlichen Helsinki lässt sich gut lernen – sowohl das als auch allgemein.

Helsinki

In the website of the magazine Information-Philosophie a job for a Ph.D. candidate in the projekt DiaMind in Helsinki is advertised among other positions. The closing date for applications for the money from the Academy of Finland is on October 31st. The project

investigates the logic of the future and emerging forms of thought and communication.

This is weird since the logic of the future is fundamentally different from, say, future snowfalls. By investigating tomorrow’s snowfall I don’t make it happen today. However, by investigating the “logic of the future” I develop it today. But then it is not the logic of the future, it’s the logic of the present.

The sucessful candidate will start occupying herself (or himself) with her (or his) task on January 1st. Strictly speaking it’s a logical mistake to give her (him) any chances to fulfil the task, but in the winter, Helsinki is a very good place to study and learn this as well as anything else in philosophy.

Friends will be friends

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Die Bundeskanzlerin soll zur Abhöraffäre gesagt haben:

Das Ausspähen von Freunden geht gar nicht. Wir brauchen Vertrauen unter Verbündeten und Partnern. Und solches Vertrauen muss jetzt wieder neu wiederhergestellt werden.

In ihrer ersten Feststellung hat Merkel Recht. Was folgt, hat allerdings einen falschen Tenor. Was sie höchstens belasten sollte, ist kein Misstrauen gegenüber dem Partner und Freund, sondern Enttäuschung wegen des Misstrauens, das der Partner und Freund zeigte. Höchstens! Denn in einer jungen, manchmal auch in einer alten Liebe kann das Misstrauen des Partners Grund zur Freude sein. Wie Franz Werfel in der Novelle Eine blaßblaue Frauenschrift feststellte:

Es ist nicht besonders galant, wenn ein Mann seiner Frau allzu sicher ist.

Merkel war durchaus attraktiv und hat sich bestimmt darüber freuen können, dass ein galanter weil etwas eifersüchtiger Mann bei ihren Telefonaten am besten mithören wollte. Dasselbe gilt für das Abhören ihrer jetzigen Telefonate durch den amerikanischen Geheimdienst: Es zeugt wenn auch auf unangenehme Weise davon, dass sie dem Partner und Freund wichtig ist.

Merkel am Telefon

Chancellor Merkel is cited with the following words concerning the monitoring of her cellphone by American intelligence:

Spying among friends cannot be. We need trust among allies and partners. Such trust now has to be restored.

Merkel’s first statement is, I think, true. The rest is misleading. It is disappointing to know that a partner spied on you, but you don’t necessarily lose your trust in the partner because of this. Spying only shows that the partner didn’t trust you enough. In a new, sometimes in an old love the partner’s mistrust is a reason to be happy. Let me put this with a passage from Franz Werfel’s Pale Blue Ink in a Lady’s Hand:

It is not exceptionally chivalrous of a man to be quite certain of his wife’s fidelity.

Merkel has been sufficiently attractive to know how nice it feels to have someone who is chivalrous (because jealous) enough to seek to learn what you say on the phone.  The monitoring of her phone is a similar case. It is an unpleasant witness to how important she is to her American partner and friend.

The f-word should be “fallaciously”

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I Fucking Love Science” ist eine großartige facebook-Seite mit amüsanten Aussagen, die allesamt was mit Wissenschaft zu tun haben. Sie sind immer verblüffend und manchmal irreführend – was zu entschuldigen ist, da sie ja amüsant sind. Zweimal irreführend in den letzten paar Stunden ist allerdings etwas zu oft irreführend.

Dass Kühe z.B. in den USA am Tod mehrerer Menschen schuld sind als Haie, dürfte stimmen. Aber daraus lässt sich nicht schließen, dass es wahrscheinlicher ist (“more likely”) von einer Kuh getötet zu werden als von einem Hai. Von jemandem getötet zu werden, ist etwas, was mit einem kausalen Verhältnis zu diesem jemanden zu tun hat. Unter der Bedingung, dass ein Hai überhaupt in der Gegend ist, wo ich schwimme, so dass ich mit ihm kausal interagieren könnte, ist es wohl um ein Vielfaches wahrscheinlicher, dass ich das mit meinem Leben bezahle, als dass ich unter einer Kuh verende unter der Bedingung, dass eine Kuh sich in meiner Nähe aufhält.

Faul scheint mir noch folgende Aussage aus derselben facebook-Seite zu sein:

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Wenn mit “physics” ein akademisches Fach gemeint ist, dann ist diese Aussage falsch. Eine Menge von Sätzen, die auch falsch sein können, können nicht der Grund sein, den der Satz vom zureichenden Grund angibt. Wenn aber mit “physics” ein physikalischer Vorgang gemeint ist, dann drückt diese Aussage einen unbegründeten Glauben aus.

I Fucking Love Science” is an awesome facebook-site with entertaining statements around science – always intriguing and sometimes confused. Confusion should be tolerated if it’s supposed to be entertaining. Two confused statements in the last couple of hours, however, is too much of confusion.

OK, cows kill more people than sharks every year in the USA. But can we infer from this that it is “more likely” to be killed by a cow than by a shark? Being killed by X has to do with a causal relationship to X. On the condition that a shark is near the place where I swim so that I can get involved in such a causal relationship, it is many times more likely that the shark will kill me than that a cow will kill me on the condition that she is near me.

Also the other statement from the same facebook-site appears to be fishy:

Everything happens for a reason and that reason is usually physics

If by “physics” we mean the set of sentences which our contemporary knowledge on nature consists of, then the statement is false. A set of sentences each of which might be false cannot be the reason for which things happen. If by “physics” we mean some natural procedure then the statement expresses an unsolicited belief. How are we supposed to know something like this?

Disappointing Mary

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Atheisten führen sich manchmal wie betrogene, enttäuschte Lebenspartner auf. Sie drücken z.B. ihren Unmut darüber aus, dass Gott, die Mutter Gottes, die heilige Afra usw. gar nicht existieren würden, um zu erfüllen, was sie versprechen.

Bei Lebenspartnern ist Enttäuschung verständlich, wenn die andere Person

A. wirklich existiert;

B. sie betrogen hat;

C. tatsächlich nicht erfüllt hat, was sie versprach.

Können aber Menschen, die an die Existenz Gottes nicht glauben, irgendeine der Bedingungen A, B und C als zutreffend bei ihrem Verhältnis zu Gott, der Mutter Gottes usw. betrachten, ohne sich in einen Widerspruch zu verwickeln? Wohl kaum…

Fazit: Atheisten, die ihre Enttäuschung von Gott, der Mutter Gottes usw. ausdrücken, sind keine echten Atheisten, sondern Möchtegerngläubige.

Mutter Gottes

Atheists behave sometimes like disappointed partners of an unfaithful man or woman. They are embarassed for God’s, Virgin Mary’s or St. Afra’s failing to exist – which leads to God’s, Virgin Mary’s etc. failing to fulfil what they promise.

In the case of partners disappointment is understandable if the other person

A) really exists;

B) has been unfaithful; and finally

C) has failed to fulfil the promise to be faithful.

Could any real atheist say that any of the conditions A, B and C applies to his or her relationship with God, Virgin Mary etc. without contradicting his or her own belief that God doesn’t exist? Of course not!

I conclude from this that an atheist who expresses disappointment towards God, Virgin Mary etc. is rather wannabe religious than a real atheist.

Eine theologische Expertise, bitte!

snoopy

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Laut Sunday Times beschäftigt sich diese Woche der Court of Appeal von England und Wales mit der Forderung einer Christin, sonntags wegen des biblischen Gebotes von der Arbeit befreit zu werden.

Gerichte werden oft von Sachverständigen informiert. Hat der Court of Appeal in dieser Frage ein Gutachten von einem Theologen eingefordert? Denn das Gericht braucht eine Information darüber, wie wichtig die Einhaltung eines Tages des Herren in der betreffenden Gemeinde ist, und ob der Glaubenskonflikt, den die Arbeitnehmerin geltend zu machen versucht, im Kontext einer bestimmten Tradition legitim ist. Das kann wohl ein Theologe am besten beurteilen.

Sabbath

The Sunday Times gave the story of a woman who refuses to work on Sundays because of the fourth Commandment. Will the Court of Appeal of England and Wales decide this week that she has a right not to work on Sundays?

Law courts usually ask for experts’ opinions. Who would be the expert in this case? Certainly a theologian! The court needs to be informed on the importance of keeping the day of Sabbath in the religious community of the woman in question in order to decide whether the conflict between working on Sundays and the fourth Commandment is really an insuperable one in this context – i.e. whether it is legitimate to consider working on Sundays an assault to the woman’s religious freedom. Who can do this better than a theologian?

 

Moralische Gaudi

Moralische Gaudi

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Außer Projekte für Behinderte mit Lotterieeinnahmen zu finanzieren, wirbt die “Aktion Mensch” neuerdings für die utilitaristische Ethik.

Denn der jetzt in den U-Bahnhöfen propagierte Grundsatz: “Wer Gutes tut, darf auch was Gutes gewinnen” (will sagen, Gutes, das mit dem guten Zweck nicht eng verwoben ist), kann nur von einem Utilitaristen gut geheißen werden – von einem also, der meint, jede Handlung, die Nutzen zu Gunsten Bedürftiger darstelle, sei eine moralische Handlung.

Kantianer betrachten die Moral allerdings anders. Der moralische Wert aus der Teilnahme an einer Spendeaktion für einen guten Zweck bleibt aus Sicht eines Kantianers nicht bestehen, wenn zu den Motiven der Teilnehmer die Hoffnung auf den ersten Preis zählt.

Stereotypisch gilt der Mitteleuropäer in puncto Ethikvorstellungen als Kantianer. Ist die neue Werbung der “Aktion Mensch” ein Zeichen dafür, dass die Wertvorstellungen in Mitteleuropa sich langsam ändern?

Next to its usual projects for the disabled which are financed with lottery proceeds, the organization “Aktion Mensch” started now to propagate utilitarian ethics.

Only utilitarians can consistently maintain the maxim “Benefactors may benefit” (that is, they may benefit from things not intrinsically connected with the good purpose) which can be seen now on the screens in German underground stations. Because utilitarians would claim that every action in favour of needy people is a moral deed.

Kantians, however, see the moral value of an action from a different point of view. A Kantian would tell you that if you spend money for a good purpose but you are motivated to do so by the hope of gain, then the moral value of your deed is diminished.

The stereotype says that Central Europe is rather Kantian in terms of ethics. Is the new commercial of the organization “Aktion Mensch” a sign for the change of moral values in the region?

Time is on my side

damiani

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Seit gestern weiß ich, um welches Thema sich mein Hauptseminar im Sommersemester drehen soll. Da ich mich letztens wieder mit der Zeitphilosophie beschäftige (ich gebe einen Sammelband mit wirklich sehr guten Beiträgen heraus), meine ich, dass es sehr gut und “ökonomisch” wäre, in einer Lektüreveranstaltung wichtige Texte über die Zeit aus der Philosophiegeschichte zu lesen: Aristoteles, insbesondere die “Seeschlacht” und einen Text aus den Parva naturalia, Augustinus, Petrus Damiani, Thomas von Aquin und Wilhelm von Ockham.

Petrus Damiani (+ 1072) habe ich einerseits als wichtige Stimme der Scholastik andererseits zur Erheiterung mit einbezogen. Er meinte, Gott sei zwar imstande zu verhindern, dass eine Jungfrau in Zukunft “fällt” (das ist sein Ausdruck), aber nicht mehr imstande, das “Gefallensein” einer nicht-mehr-Jungfrau nachträglich ungeschehen zu machen. Gott könne also trotz Allmacht nichts für sie tun (er könne in ihre Vergangenheit nicht mehr einwirken).

Da Mick Jagger dies wusste und außerdem auch wusste, welchen Eindruck er bei jungen Frauen hinterließ, sang er seinerzeit:

The scholastic Peter Damian (+1072) said that God can prevent a virgin’s “fall” (this is his term) but can do nothing to make her “fall” not happened (“infectum facere”). And since Mick Jagger knew this in 1964 and, additionally, was very self-confident about the impression he left in the young ladies’ souls, he sang the lyrics…

I know since yesterday that in the summer semester 2014 my students and I will read texts on time, above all Aristotle, the “Sea Battle” and a text from the Parva naturalia, Augustine, Thomas Aquinas and William of Occam. I know the texts and very much of the modern bibliography on the matter and, indeed, in 2014 an anthology with new articles on the philosophy of time written by eminent scholars and edited by me will be released.

I think that the students will come to my lessons with real interest. But I also think that without Peter Damian we’d have half the fun than the fun which we’ll have with him.