Gott und Welti

New release, at the same time a new series – forthcoming titles also in English – on philosophy of religion and analytic theology at Philosophia Munich. Some pages from this book’s English abstract appear among the pictures below.

Die neue Reihe des Philosophia-Verlags: Philosophia theologica wird mit diesem Buch eingeweiht. Ich bin – es sei mir bei der Gelegenheit ein Helvetismus gegönnt – eine Art Götti desselben. Welti ist der Autor. Und Gott (und die Welt) das Thema.

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Alles antihabermäßig

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Über den großen Erfolg der politischen Mitte in der gestrigen Europawahl habe ich mich gefreut. Ich bin weder der Meinung, dass die Kompromisse immer in der Mitte stattfinden sollen, noch nicht einmal der Meinung, dass Kompromisse das Wesentliche in der Politik sein sollen. Ich freute mich wegen der Inhalte, insbesondere wegen Präsident Macrons Manifest zur Wiedergeburt der EU, nicht weil die Mitte etwa privilegiert wäre.

Wenn die Erreichung des größtmöglichen Kompromisses wesentlich für die Politik sein sollte, dann wäre es tatsächlich am vernünftigsten, zentristische Parteien zu wählen, weil ein Kompromiss am leichtesten ist, wenn diejenige Position am stärksten ist, wo der Kompromiss höchstwahrscheinlich stattfindet. Aber dann gäbe es keinen Kompromiss, sondern eine Vorherrschaft der Mitte. Da diese Vorherrschaft die eigene Ausgangslage, die Idee des Kompromisses, ad absurdum führen würde, muss, falls ich keinen Fehler beim Schlussfolgern beging, die Prämisse falsch sein, dass der Kompromiss das Wesentliche in der Politik sein soll.

In der Politik geht es um etwas anderes, was auch an den Institutionen des antiken Athen zu erkennen ist. Dort wurde es als demokratisch empfunden, wenn Ämter ausgelost wurden. Da hatte man keine Pattsituationen, keinen Kuhhandel danach, das politische Geschäft konnte direkt nach der Wahl in Angriff genommen werden.

Randomisieren ist wohl keine vernünftige Idee, aber Externalisieren ist den Pattsituationen mit Sicherheit vorzuziehen. Ein Mehrheitswahlrecht und vor allem eine Regierung für Europa, die den Namen verdient, wären demokratisch und dem Wesen der Politik gemäß.

Enough with scrolling

The centrist platform celebrated a great success in yesterday’s European elections and I found this pleasant. My main reason for this is the manifest of president Macron towards a European renaissance. In other words, I do not believe that political compromise has to tend to the middle of the political spectrum. I do not even believe that compromise is substantial in politics.

Because if it were, the only rational decision would be to vote for centrist parties. But what you would have then, would be a domination of the political centrism rather than a compromise. The concept of compromise would be led ad absurdum. Whenever you have an absurd conclusion but no mistakes in reasoning, a premise must be false. Here, this is probably the premise that compromise is substantial to politics.

In ancient Athens, the offices thought to be democratically manned were the ones for which lots were drawn. No compromise, no horse trades, this is the legislative period, do your job!

Randomising is probably a bad idea, externalising however could be, with the help of first-past-the-post, a way out of horse-trade-like negotiations and a way to a European government after all.

Eurovisionaries

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Am Sonntagmorgen hat Marta festgestellt, wir haben am Samstagabend die Eurovision verpasst. Ach, tat das weh!

Jedes Jahr lästere ich nämlich auf Twitter mit Fachkollegen aus ganz Europa und Australien – komischerweise meist Wissenschaftstheoretiker – über den Abend, an dem Europa den Rest der Welt volltrollt. Die erfolgreichsten Sprüche vom letzten Jahr:

“- Ein paar Millimeter weiter unten und wir hätten die Schamhaare jetzt gesehen.

– Oder eben nicht.”

“- O, die haben jemanden geschickt, der echt singen kann.

– Voll geschummelt eigentlich.”

“- Endlich, das griechische Votum jetzt!

– Du meinst wegen der Pinkelpause.” (Es ist nämlich klar, welche Noten an welche Länder gehen)

Wie kann ich nicht traurig sein, wenn ich den europäischen Abend verpasste, der als gesamteuropäisch gilt? Den (ich paraphrasiere)

Seufzer der bedrängten Visionen, das Gemüth einer herzlosen Bürokratie, … das Feigenblatt des Volkes!

Ein Beispiel, das die Marx-Paraphrase rechtfertigt: Versuchen Sie mal als außerhalb Bayerns (aber innerhalb der EU) Staatsexaminierter irgendwo in Bayern Ihr Staatsexamen geltend zu machen, und dann werden Sie feststellen, wie groß die Heuchelei des “d” nach dem “m” und dem “w” in der Ausschreibung Ihres Traumjobs war. Europa ist der Kontinent, wo ein Lehramtskandidat, der ein Bisschen andere Seminare besucht hat, eine unüberwindbare Barriere vor sich sieht, von der aber eine Teilbarriere abgezogen wurde, sollte unser Kandidat dieses Millionstel der Hermaphroditen darstellen.

Die Eurovision ist dagegen gelebte Diversität. Da sind die Chancen reell und zwar nicht nur für Kranke an ovotestikulärer DSD, sondern auch für Untalentierte, sogar für Australier. Wer die Eurovision verpasst, verpasst den großen europäischen Abend der Feigenblätter!

Aber ich will heute mit einer positiven Nuance abschließen: Am kommenden Sonntag kommt die Folgeveranstaltung, die denselben Trosteffekt wie die Eurovision hat! Die verpassen wir nicht!

Enough with scrolling

Last Sunday, Marta realised very early in the morning that we had forgotten the Eurovision Song Contest. That hurt!

The EST has been for years now our sarcasm Saturday evening. “Our” means of philosophers on twitter. Last year’s best comments were the following:

“- If this had been an inch lower, we would have seen the singer’s pubic hair!

– Or not…”

“- Oh, they sent somebody who can sing!

– This is what I call cheating.”

“- A very good invention, the results of the Greek vote: They give everyone the opportunity to have a toilet break.”

The only Paneuropean evening of the year is not only about the jokes. It is also a symbolism of (I paraphrase)

the sigh of the oppressed visions, the heart of a heartless bureaucracy … It is the fig leaf of the people.

A motivation to paraphrase Marx here comes from the following example: imagine that you are a teacher with a teacher’s degree earned somewhere in the EU. Imagine still that your German is perfect. In fact, you can imagine that you are German. Imagine, moreover that, for some reason, you want to live in Bavaria although you did not earn your degree in Bavaria. Imagine, finally, that there is this advertisement for the position, the position of your dreams, at a Bavarian lake: “Teacher (male/female/diverse)” as the German standard for diversity affirming policies prescribes. Of course, under the above conditions you will never be hired since your classes at, say, Bristol were insignificantly different from the description of subjects required from alumni of Munich or Augsburg but – rejoice – if you had been one of the 500 individuals in this world with ovotesticular disorder this wouldn’t have been the problem. What a hypocrisy!

Do you know any better consolation for this hypocrisy than the Eurovision? In this contest you are given a chance to win a European prize not only if you lack an identifiable sex. You also get a chance if you lack talent, and you even get one if you are Australian. Failing to watch the Eurovision is failing to celebrate the top fig-leaf event of the continent.

If you missed the Eurovision anyway and you are a European citizen, at least don’t miss the sequel next Sunday, one with almost the same consolation effect: the European Parliament elections take place on May 26.

Totgesagtes lebt länger #2

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Die plötzliche Kälte, die einen Teil der Schweiz wieder in Schnee verhüllte, macht wieder den Trachanas aktuell.

Wirklich aktuell ist ein egal wie legendäres Relikt der byzantinischen Küche wohl nie. Aber die Kälte legt die bulgurähnlichen Krümmel aus getrocknetem Ziegenmilch-und-Mehl-Porridge näher als sonst. Wer Ungarn und seine Küche kennt, kennt wohl das ähnlich klingende Tarhonya. Tarhonya ist nicht Trachanas, sondern es wird in gleicher Größe und Gestalt aus Nudelteig gemacht. Allerdings zeugt der Name von einem gemeinsamen Ursprung.

Wenn zwei verschiedene Sprachen verwandte Wörter für unterschiedliche Dinge haben, dann sind lexikalische Entlehnungen und Bedeutungsverschiebungen der Fall wie bei Pitta im Griechischen und Pizza im Italienischen. Wird dieselbe Sache dagegen unterschiedlich bezeichnet, kann höchstens von Kulturtransfer die Rede sein. Im Fall von Trachanas/Tarhonya haben wir Beides. Kulturtransfer war der Fall als die mittelalterlichen Ungarn den Trachanas höchstwahrscheinlich von oströmischen Soldaten adoptierten, worauf die Bedeutungsverschiebung folgte: Beibehalten wurde aus der ursprünglichen Bedeutung die Gestalt des Gebrösels, das Rezept wurde umgewandelt.

Ich sehe hinter der Beibehaltung des Terminus folgende Haltung der Sprecher des mittelalterlichen Ungarisch: Die Gestalt ist das Wesentliche (von mir aus das Wesentliche für dieses Gericht) der Originalteig aus Ziegenmilch sekundär.

Wenn es Leser dieser Zeilen gibt, die sich fragen, ob morphologische Eigenschaften als Teile des mereologischen Ganzen genommen werden können, dann kommt hier die Moral von der G’schicht’: Nicht nur können sie das, sondern sie können auch die essenziellen Teile sein!

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The sudden cold that covered much of Switzerland with snow in May, allowed me to have the original dish again: trachanas: wheat cooked in goat’s milk and dried and broken into bulgur size is a legendary historical fossil of Byzantine kitchen. Those familiar with Hungarian kitchen know the similarly looking and sounding tarhonya. Tarhonya is not trachanas. It is simply pasta in bulgur shape. But the name bears witness to a common origin.

When in different languages like here in Greek and in Hungarian, you have a similar name for something different, then it is a lexical loan and a semantic shift that you have – like when you compare the Greek pitta and the Italian pizza. When you have, in contrast, the same thing by different names, then you can have a cultural transfer. In the case of trachanas/tarhonya you have both phenomena: an original transfer when the medieval Hungarians adopted trachanas as it was used probably by Eastern Roman soldiers, followed by a semantic shift: they retained the form but replaced the recipe, which probably shows that they considered the form to be substantial, the dough as of secondary importance.

Just an idea for those who ask themselves if morphological properties can be considered to be parts of mereological wholes. Not only are they, but can also be essential parts of the whole.

Avicenna Anglicus

Just released: The أل مدخل, Avicenna’s commentary to Porphyry, translated into English by Allan Bäck (Kutztown University).

My part was much less than my mirrored face on a black, smooth cover can make you believe.