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Bitte, bitte, liebe Leserschaft, keine Ursache! Wenn ich damit dienen kann, das lange Lesen der Neuigkeiten zu ersparen, tue ich das gerne. Hier die Kurzfassung: Der griechische Ministerpräsident erklärt BBC-Journalistin, der seit zwei Jahrhunderten fortdauernde Verbleib von Plastiken aus der Akropolis in London sei, wie wenn die Mona Lisa zerstückelt und jedes Stück woanders ausgestellt werden würde. Er erklärt das. Ganz schön direkt. Und er erklärt das ein paar Stunden vor einem Treffen mit Rishi Sunak.
Es ist nicht neu, dass die griechische Politik die Rückgabe des Raubguts von Thomas Bruce Lord Elgin verlangt, der seiner Zeit die osmanischen Herren Griechenlands bestochen, bezahlt, animiert – egal! – hatte, um den größten Teil der Giebel des Tempels der Tempel – Phidias’ Werke! – nach London mitnehmen zu dürfen.
Neu ist das mereologische Argument einerseits, das Ausladen eines griechischen Premiers durch den britischen Amtskollegen andererseits.
Schade eigentlich. Für Konservative sind die beiden OK. Mitsotakis ist sogar in Glyfada aufgewachsen. Sunaks Hintergrund gegenüber kann ich als neudeutscher Südländer nur wohlwollend sein.
À propos Südländer: Seit Jahrzehnten stellt Griechenland London im allgemeinen, das British Museum insbesondere, als dem Kolonialismus zugetan bloß. Vergessen wird dabei etwas Wichtiges: Ungefähr zu der Zeit, als “die Engländer die Marmorstatuen gestohlen haben”, bedienten sich Franzosen auf Milos, weshalb die Venus von Milo heute den Louvre schmückt, jedenfalls in demselben ausgestellt ist. Auch auf Samothraki bedienten sie sich, zwar nicht dieselben, jedenfalls nicht minder französische Franzosen, weshalb sich die Nike von Samothraki ebendaselbst befindet. Gegen Frankreich hadern deshalb? Wieso? In Griechenland gibt es anscheinend so viel Knackiges zu bestaunen, dass Nike und Venus ruhig in Paris bleiben dürfen.
Des Witzes entbehrt die ägäische Kunstraubgeschichte nicht. Sie bedient zum Beispiel alle Klischees. Die Engländer durchstreiften altehrwürdige Städte und rauben die Statuen von wehrhaften oder tugendhaften Damen sowie die Männer dazu, die Franzosen präferierten jedoch die Inseln und weibliche Rundungen. Es sollte nicht außer Acht bleiben, dass die Deutschen – denken wir an Troja bzw. Schliemann – Ausgrabungen zugetan waren, die Goldgegenstände ans Tageslicht förderten, aber dieser letzte Gedanke führt gerade zu weit.
Zu weit, weil er zu unphilosophisch ist. Nicht dass England-Frankreich eine philosophischere Partie wäre… Gegenüber France 24 erklärte der (übrigens griechischstämmige) Philosophieprofessor Constantine Sandis von der Oxford Brookes University noch Anfang des Jahres, dass die Rückgabe von Skulpturen von London nach Athen keinen Präzedenzfall bildet. Zu Deutsch: “Keine Sorge, notres amis! Die Engländer sollen uns unsere Marmormädchen zurückgeben. Eure Perlen behaltet ihr im Louvre. Die Damen und die Flittchen teilen kein gemeinsames Schicksal”.
Ein Präzedenzfall? Wo ist die Präzedenz? Forderungen gegenüber London legitimieren eo ipso Forderungen gegenüber Paris. Und wo ist der Fall? Der ganze Schnee ist bereits vor etwa zwei Jahrhunderten gefallen. Er bleibt halt hartnäckig liegen.
Enough with scrolling
You can read the news elsewhere, but here’s the summary: Greek PM Mitsotakis deplored on BBC, one day ahead of his meeting with Rishi Sunak, a part of the Parthenon Marbles being in situ, of course, but another part remaining for the last two centuries at the British Museum in London, where they have been transported to since some Thomas Bruce Lord Elgin bought them from the back then Ottoman Empire whose part Greece was.
That said: Mitsotakis compared the parting of the marbles, a horse in London, someone who looked at the horse at the Parthenon frieze in Athens, to cutting Leonardo’s Mona Lisa into two, posing thus a question of mereology and the assemblage of different pieces of art.
Sunak promptly cancelled the meeting with the Greek. Which is a pity because, for conservatives, the two are OK. I mean Mitsotakis even grew up in Glyfada and Sunak has a background to which I, a German citizen of Greek background, cannot but be sympathetic.
Talking about my being Greek: for decades now, Greece has been demonstrating that the English were colonialists etc. Now, at about the time “the English stole the Marbles”, well…
Well at the same time “the French” took Venus of Milo and Nike of Samothraki to decorate the Louvre. Or to expose them. Call it whatever you like. The history of looting ancient art around the Aegean is a very interesting one.
It is interesting per se, the fact that Schliemann was looking for gold (think of Troy), the English took the ladies and some gentlemen along with them, while the French took the babes. It is interesting because it magnanimously serves the corresponding stereotypes. But the reason why Athens demands London to return something which Athens in turn doesn’t demand Paris to return, has nothing to do with the cliché. Or should we think that Venus and Nike are allowed to stay in Paris because Greek museums have enough female curves to show? Or because Paris is the place of Moulin Rouge, and – hey! – we’re Greeks, folks, we understand it if you want to keep the gals?
Once we talk philosophy, it becomes clear how fishy the whole debate is. Earlier this year, Constantine Sandis of the Oxford Brookes University told France 24 that London’s giving the Marbles back to Athens wouldn’t be a slippery slope. This is kinda: “Don’t be afraid dudes. We want only the British to give us our ladies back, but the French may keep the floozies, we don’t see any analogy between our girls in London and the ones in Paris”.
I mean, honestly now: there’s no slipping and no slope. The avalanche has already slid and the whole snow is already at the bottom of the valley. If you demand the Marbles then tu demandes les marbres.
To say it in the common language: ipso facto.
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