Eva und die Liebe

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Ich lese Eva Illouz’ Warum Liebe endet – einen soziologischen Traktat, einen nicht wertfreien allerdings, über das, was in Illouz’ Augen eine neue Liebeskultur ist, welche Liebe und Mensch zerstört. Dating-Apps, schnelle Intimität oder Scheinintimität, sexuelle Mobilität, welche die Menschen ihren Zukunftsängsten überlässt, sind Illouz’ Schreckgespenster.

Ich bin der letzte, der die neue Liebeskultur gutheißt, wenn es so etwas überhaupt gibt. Was ich allerdings sehe, sind elektronische, ihrer Natur nach immer noch vormoderne Kupplergeschäfte. Trotzdem interessieren mich an Illouz die Beispiele, mit denen sie die vormoderne Liebe dokumentiert. Sie findet in Briefen und literarischen Dokumenten die Einstellung, das unmittelbar Gefühlte durch sozialen Zwang zu ersetzen. Zwar liebten die Menschen auch vor Tinder, jedoch ohne den Zuspruch der Umgebung für ihr “Desiderium” haben sie die gefühlte Liebe umgedeutet, selbst wenn ihr “Herz” ihnen etwas Eindeutiges diktierte. Hatten sie dagegen den sozialen Zuspruch nicht, dann haben sie sich etwas Außergewöhnliches und Großes vorgegaukelt, selbst wenn das “Herz” nichts diktierte. Trotz Illouz’ futuristischer Ängste sind solche Jane-Austen-und-Geschwister-Brontë-Situationen immer noch sehr präsent. Ein meiner Meinung nach einfältiger und engstirniger Spruch Theodor Storms lautet bekanntlich “Die Liebe, die Liebe, welch lieblicher Dunst; doch in der Ehe, da steckt die Kunst” – ein Klassiker in Hochzeitsalben. Ich finde Storms Spruch eine Bagatellisierung der Liebe zugunsten der Pflicht. Brontëmäßig. Sie waren ja Zeitgenossen, Charlotte Brontë und Theodor Storm. Ich finde den Spruch anstößig. Eine beiläufige Bekanntschaft wollte mir unlängst die Pointe erklären, damit ich’s ja endlich kapiere, und benutzte die Worte: “Das warme Feuer muss dem kalten Feuer weichen”. Es wäre schön, wenn mit einer Entscheidung wenigstens solche Barbarei aus dem Sinn wäre, die den Menschen mit einem leichtfertigen Strich allen Individualismus seit frühestens Archilochos und Sappho in der Archaik, spätestens seit Heloisa und Archipoeta im 12. Jahrhundert abspricht. Die Sprache ist auch schuld. Sie lässt sich für jede Art von Oxymora und Moria biegen, sogar für ein Encomium dafür… Venus numquam in cordibus habitat ignavis, schrieb Archipoeta. Sie scheint tatsächlich nicht in unwürdigen Herzen zu wohnen.

An Adamantios Koraës (wieder Umlaut über dem “e” und wieder die achtzehnte Jahrhundertwende) erinnern mich Illouz’ Dokumente der vormodernen negativen Gefühle: Koraës wird eine junge Frau vorgestellt, Landsmännin, hübsch usw., die Eltern wollen, dass er endlich mit diesem dubiosen revolutionären Publizieren in Frankreich aufhört und nach Izmir zurückkehrt, eine Arztpraxis dort aufmacht. Endlich, das Normale tun, mein Sohn! (OK, das war polemisch, das sehe ich ein). Zwischenbericht Koraës in seiner Autobiografie: “Sie entstammte der besten Familie Smyrnas! Wie konnte ich mich nicht verlieben?”

Intelligenten Menschen fällt es wohl leicht, der Heuchelei den Rücken zu kehren, selbst wenn sie die Sprache falsch verwenden. Koraës starb 1833 in Paris als überzeugter Junggeselle.

Eva Illouz schrieb eine gute und lange Analyse der Lieblosigkeit sexueller Beziehungen. Aber ich denke, dass ihre Diagnose falsch ist. Den Eros, einen antiken Kindergott, tötete nicht das 18. Jahrhundert, sondern ihn tötete, wie die Beispiele von Storm, Brontë, Austen, Koraës zeigen, das Bürgertum.

Bekanntlich wurde das Bürgertum nach einer schwierigen Kindheit am Ende des Mittelalters erwachsen. Als eine Art Pathologin muss Illouz den Zeitpunkt des Todes entsprechend verorten. Illouz’ Schreckgespenster wie Gelegenheitssex und zermürbende Freiheit sind den Verwandten des Toten zuzuschreiben, welche die Todesnachricht nicht glauben wollen.

Das Zitat von Koraës muss ich ausfindig machen und Frau Professor Illouz senden. Es wird sie interessieren.

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I read lately The End of Love by Eva Illouz. Illouz’s analysis of a new love culture, one that destroys romance and leaves people devastated, is a piece of axiologically non-neutral sociology. Dating apps, speed dating, sexual volatility are Illouz’s horrors

I’d be the last to hail the new love culture if I were shown that it exits. What I see, however, is old-fashioned matchmaking by digital means. A bit more vivid, it’s true, but the idea remains the same. Despite my scepticism towards her main thesis that there is a modern love culture, I remain an interested reader of Illouz’s book. The documents by which she exemplifies premodern “negative relationships”, correspondence and literature, are the real horrors. They show people prohibiting themselves to love because of failing social approval for their feelings; people trying to persuade themselves that they love, because social approval is openly expressed.

Jane-Austen-and-Brontë-sisters situations are still the case. Like in a parallel to Charlotte Brontë’s Rochester and Bertha (a kind of: passion is not guaranteeing happiness, duty does), her contemporary German novelist and poet Theodor Storm wrote: “Oh love, oh, love is such a lovely haze, marriage however is the art that pays”. Storm’s saying is still very popular as a motto in wedding albums. I find it offending. An accidental acquaintance – it was two years ago – tried to make me finally grasp the deep meaning and stated: “The hot fire has to give way to a cold fire”. It would be beautiful, beautiful to be able to erase from memory barbaric aphorisms of ignorants. I mean words to the effect of saying: “Well, I just decided that individualism, celebrated by Archilochus and Sappho at the earliest, Heloisa and Archipoeta at the latest, is crap”. Hot fire, cold fire… I blame language to be as patient as to give rise to oxymoronic and other moronic stuff… Venus numquam in cordibus habitat ignavis wrote Archipoeta, and she seems indeed not to live in dishonourable hearts.

Around the eighteenth turn of century again, Adamantios Koraës (two dots again above the letter “e”) wrote about the attempts of mom and dad to make him return back to town, settle down as a medical doctor, give up revolutionary publishing in France. The girl enters the room and the intellectual summarises: “She was born to the best family of my hometown Smyrna! How could I not fall in love with her?”

Intelligent people obviously do find a way finally to turn their back to hypocrisy even if they have happened to commit ridiculous category mistakes. In 1833 Koraës dies a bachelor in Paris.

Eva Illouz wrote a good and long analysis of lovelessness in sexual encounters. I think, however, that her diagnosis is false. Eros, an ancient child god, wasn’t murdered by the 18th or any other century. He was killed by the bourgeoisie. Brontë, Austen, Koraës, Storm: you need more names?

After a difficult childhood, the bourgeoisie reached the age of majority at the end of the Middle Ages. Illouz, a social coroner, should assume the time of Eros’s murdering at that time. Moreover, Illouz’s horrors, speed dating, hookups etc. are probably the members of the family of the dead who deny to face the terrible truth.

I have to find the Koraës quotation and to send it to professor Illouz. I bet she’ll be interested.

Heloisa ad Abaelardum, epistula secunda

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Für diejenigen, die am Valentinstag unterwegs sind, habe ich heute ein paar meiner Einsichten in die Natur dieser Dinge.

Plus, ich habe auch eine Passage, die, für mich jedenfalls, eines der ehrlichsten, schönsten Zeugnisse einer Liebe war und bleibt.

Man kann in Sachen Liebe – das ist die gute Nachricht – nichts Falsches machen. In einem bestimmten Sinn natürlich… Im Sinn: Es ist immer gut, Liebe zuzugeben. Das tut man ja am 14. Februar. Die schlechte Nachricht ist, dass es Irrtümer weiterhin gibt. Glück im Unglück, sind diese grob gesehen nur zweierlei: Selbsttäuschung und Leugnung. Aber wenn sie sich ereignen, sind sie total, absolut vernichtend. Die Selbsttäuschung ist ein, sagen wir, Scarlet-O’Hara-Irrtum: “Rett beschloss ich zu lieben, also liebe ich ihn auch”. Die Leugnung kann man Kaiserin-Sissi-Syndrom nennen: “Ich bin gar nicht in diesen Grafen Andrássy verliebt, was soll’s? Ich bin eine tugendhafte Dame”. Die Verbindung beider Irrtümer macht das Leben natürlich noch schwieriger, aber etwas Neues ist sie dann nicht. Schwieriger sagte ich… Auch dümmer. Denn beide genannten Irrtümer sind Kategorienfehler. Man kann sich nicht anders verstehen, als man sich versteht. Ich-Erlebnisse sind inkorrigibel. Habe ich den Verdacht, X zu lieben, dann liebe ich eo ipso X. Habe ich den Verdacht, Y nicht zu lieben, dann liebe ich Y eo ipso nicht. Mit anderen Worten gibt’s keinen Verdacht beim Wissen über die eigenen Erlebnisse und inneren Zustände. Du kannst dir nicht weißmachen, keine Stimme zu hören, wenn du Stimmen hörst. Du kannst natürlich zum Arzt gehen, der sich sofort ernsthaft Sorgen machen wird, aber das Hören (das Lieben, das Nichtlieben) verschafft der Arzt (der Bischof, der mahnende Ratgeber) dadurch nicht aus det Welt. Es ist nunmal da und daran ist nichts zu ändern.

Leute versuchen das trotzdem, indem sie eine höhere Instanz, ein anderes Kriterium suchen für die Sache, die am 14. Februar gefeiert wird. “Auf einer anderen Ebene liebe ich sie doch!”; “Ach, was soll’s, das sind nur die Augen”.

Es ist allerdings, finde ich, ehrlicher, wenn wir diese Instanz nicht im heiligen Valentinus, sondern in Heloisa suchen: Diese sollte die Patronin sein. Hier ein Ausschnitt aus dem zweiten Brief der Abtissin des 12. Jahrhunderts an Abaelard:

Die Liebesfreuden, die wir zusammen genossen, sie brachten so viel beseligende Süße, ich kann sie nicht verwerfen, ich kann sie kaum aus meinen Gedanken verdrängen. Ich kann gehen, wohin ich will, immer tanzen die lockenden Bilder vor meinen Augen. Mein Schlaf ist nicht einmal sicher vor solchen Trugbildern. Sogar mitten im Hochamt drängen sich diese wollüstigen Phantasiegebilde vor und fangen meine arme, arme Seele so ganz und gar; aus reinem Herzen sollte ich beten, statt dessen verspüre ich die Reizungen meiner Sinnlichkeit. Ich kann nicht aufseufzen – und müsste es doch -, dass ich die Sünden begangen, ich kann nur seufzen, dass sie vergangen. Was wir beide getan, es ist in meiner Seele wie eingemeißelt; Ort und Stunde stehen mir sogar vor Augen, und immer bist Du dabei, ich erlebe alles wieder und wieder mit Dir, und selbst im Schlaf komme ich von diesen Erinnerungsbildern nicht los. Ab und an verrät mein Leib in seinen Bewegungen, wie es im Herzen aussieht, und ich rede, was ich nicht darf und doch nicht lassen kann.

Übersetzung nach Brost, E., Abaelard. Die Leidensgeschichte und der Briefwechsel mit Heloisa, Heidelberg 1979, 4. Brief.

Das ist nicht koscher, könnte man einwenden. Gut, das sehe ich ein. Für diesen Fall zitiere ich den bekanntesten Spruch meines Vaters: “Liebe ist kein Mäusedreck: Sie ist nicht dreckig und auch nicht klein”.

Sie ist manchmal unehrlich. Genießbar ist sie jedenfalls, wenn sie ehrlich ist.

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Today I’m writing down my insights into the nature of the thing celebrated by those who have plans for Valentine’s Day.

I’m also writing down for you one of the most sincere, true, inspiring passages in the history of mankind – at least so in my eyes.

The good news is that the chances to do something wrong are very few. There are mistakes, but if you don’t commit logical errors like category mistakes, you’re safe. The bad news is that you can make these mistakes after all and this is worse than any other mistake. The failures involved are of two kinds: self-deception and negation. The former I would call the Scarlet-O’Hara-fallacy: “I decided to love Rett, ergo I love Rett”. The latter I tag as the Empress-Sissi-Syndrom: “Of course I’m not in love with this count Andrássy! Hallo? I’m a married woman and I love my hubby!” If you make both mistakes together, your life’s hell, of course, but essentially you didn’t do something new. You’re just Scarlet and Sissi at the same time. I said “hell”. Well, rather primitive than just hell… Category mistakes are logical mistakes. You can’t unterstand yourself in a way different from the way you understood yourself in the first place. The self is incorrigible. If my suspicion is that I love X, then I do love X eo ipso. If I suspect not to love Y, then I don’t love Y and it’s a make-believe game to try to persuade myself of the opposite. In what we know about ourselves immediately, there are no guesses. If you happen to hear voices, you can go to the doctor. She’ll be concerned, she can tell you that the voices weren’t really there, she’ll give you medication for the beginning. But she won’t make the fact undone that you heard these voices, that you felt this or that… No psychiatrist, no bishop, no moralistic friend will make facts be infecta.

People try to pretend of course. Mostly in reference to higher criteria or instances. “It’s only the eyes, nothing more”; “I do love her after all – on another layer… I think…”. Such attempts of rationalisation and self deception and negation are the reasons why I’d prefer Saint Valentinus not to be the patron of romantic love. I’d rather see Heloise in this function, the 12th-century abbess, as the patroness. Enjoy Heloise’s second letter to Abelard according to John Hughes’s translation of 1782:

During the still night, when my heart ought to be in quiet in the midst of sleep, which suspends the greatest disturbances, I cannot avoid those illusions my heart entertains. I think I am still with my dear Abelard. I see him, I speak to him, and hear him answer. Charmed with each other, we quit our philosophic studies to entertain ourselves with our passion. Sometimes, too, I seem to be a witness of the bloody enterprise of your enemies; I oppose their fury; I fill our apartment with fearful cries, and in a moment I wake in tears. Even in holy places before the altar I carry with me the memory of our guilty loves. They are my whole business, and, far from lamenting for having been seduced, I sigh for having lost them. I remember (for nothing is forgot by lovers) the time and place in which you first declared your love to me, and swore you would love me till death. Your words, your oaths, are all deeply graven in my heart. The disorder of my discourse discovers to everyone the trouble of my mind. My sighs betray me; and your name is continually in my mouth.

You can say that never a conventional celebration could accept such texts, full of passion and, indeed, glory. I can understand this point in disagreement. Let me just quote my father here: “Love is not mouse droppings: it’s neither small nor dirty”.

Well, sometimes dishonest. And, true: it’s enjoyable only when it’s honest.

Nebula

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Endlich habe ich es geschafft, Kavvadias’ “Nebel” ganz zu übersetzen. Es dauerte lange, da ich das Versmaß und den Reim beibehalten wollte. Kavvadias benutzt sehr exotische Reime, die zum Beispiel vier unbetonte Silben enthalten, auch Lehnwörter, auch viel Matrosensoziolekt. Exotik ist das Wort.

Nebel

Nebel schlug sich nieder in der Nacht, // so dass das Laternenlicht gleich wertlos // aufs unverhoffte Kommen nicht wies – wie bloß! – // fandest du’s zur Brücke auf der Wacht?

Schneeweiß bist du ganz, nass ist das Kleid; // filzgleich in den Händen deine Haare. // Unten bei Port Pegasus gibt’s rare // Tage ohne Regen diese Zeit.

Uns zwei auf der Lauer hinter’m Tank // auf den Ketten stehend ist der Heizer. // Gucke niemals auf die Salings, weiß er, // wenn es heftig schaukelt wirst du krank.

Es verflucht der Bootsmann den Bericht // und es ist noch weit bis Tocopilla. // Bevor ich mich in Angst und in Erwartung fürcht’, // lieber ein Periskop und ein Torpedo als Killer.

Geh’ doch! Dir gebührt ‘ne feste Bank. // Statt mich zu besuchen hast’ gemieden. // Merkst’ nicht, wo ich an Mitternacht ertrank // tausend Meilen weit von den Hebriden.

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Finally I’m done with the translation of Kavvadias’s famous “Fog”. It took me much time. I tried (and managed) to keep the metre and the rhyme. It was a difficult task because Kavvadias uses exotic rhythms that can include four unstressed syllables in a row, loan words, sailors’ sociolect. Exoticism is the idea.

Fog

Foggy is the weather since ’bout dusk. // There is no light coming from the lantern. // You reached me unexpected in a mind turn. // Wheeling on the bridge I was ‘n’ busque.

Bridewhite is your dress, wet, dripping, dear! // Pressing your wet hair strands does feel feltisch. // Thinking of far Port Pegasus where just fish // Fails the rain at this time of the year.

As it seems the heater is the hick // Who with feet on chains lies in wait for us. // Never ever look in swell at spreaders // When the waves are high; you will get sick.

While the boatswain curses rain and storm // Way from reaching some day Tocopilla. // In me I prefer to utter discontent // a periscope’s torpedo as my killer.

Leave me! You are for the land to be. // Unaware you came of what my need is. // Drawned since the night under the deep sea // Floating I am offshore the Hebrides.

Foggy poetry on the bridge

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Für heute schreibe ich die erste Strophe eines Gedichts, das ich sehr liebe. Das Versmaß und der Reim: da lag mein Augenmerk beim Übersetzen. Beim Wort sind die Wörter nicht zu nehmen. Es sind immer Wörter, die nicht beim Wort zu nehmen sind. Da sehe ich kein großes Verbrechen.

Nikos Kavvadias, der Dichter, verwendet einen exotischen Tetrasyllabus, auch den Tetrabrachys von Dionysios Thrax. Die Herausforderung war zu schön, um sie nicht zu wagen. Das Hinüberretten des Versmaßes und des Reims in einer lyrischen Übersetzung ist allerdings sehr zeitraubend.

Nebel schlug sich nieder in der Nacht,

so dass das Laternenlicht gleich wertlos

aufs unverhoffte Kommen nicht wies – wie bloß

fandest du’s zur Brücke auf der Wacht?

Die Verse stammen aus Πούσι (ausgesprochen: /pussi/) – einer in der zeitgenössischen griechischen Lyrik bereits legendären Gedichtesammlung. Die Kompromisse meiner Übersetzung sind offensichtlich für diejenigen, die das Original kennen. Der Ich-Erzähler verliert im Original die Laterne in der Nebelbrühe aus den Augen, sagt also nicht einfach, dass sie ohne Wert war. Zudem verwendet Kavvadias direkt das Wort “Schiff”, für das es in meiner Übersetzung keinen Platz gab. Vor allem sind aber das Versmaß und der Rhythmus des Originals gerettet. Mir ist es in der Übersetzung auch nicht gelungen, das Gefühl wiederzugeben, dass der Besuch auf der Schiffsbrücke eine Halluzination ist. Jedoch ist das auch im Original nicht klar.

Gerade an Silvester, dem Tag, als es auf deiner Schiffsbrücke spukt, während du dienst, ist meine Übersetzung, finde ich, angebracht. Vielleicht liest du es aber anders, liebe Leserschaft.

Einen guten Rutsch wünsche ich jetzt. Ich werde auf dieses Gedicht und dessen Konnotationen zurückgreifen. Ich habe etwas hier, das dem Dichter gehörte. Das will ich zeigen. Vielleicht morgen. Ich weiß noch nicht.

PS: Eine psychoanalytische Lesart finde ich durch die Xylographie von Tsarouchis auf dem Umschlag auch legitim, insbesondere wenn man an den Titel denkt, im Matrosensoziolekt mit den Anglizismen doch… Tsarouchis ist auch legendär für die zeitgenössische griechische Malerei. Ein Künstler zwischen naiv und Imperessionismus. Tsarouchis’ Xylographien, Kavvadias’ Versen, Mikroutsikos’ Musik im Hinterkopf (ja, die Musik zum Gedicht hat sehr zu seiner Beliebtheit beigetragen) machten die Sammlung zum Gesamtkunstwerk.

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Just the first stanza of a poem I love for tonight. I made compromises in terms of a literary translation but retained the metre and the rhyme.

Nikos Kavvadias, the poet, uses in the original an exotic tetrasyllable, uses Dionysios Thrax’s tetrabrachys as well. I thought, I’d give it a try. Only the first stanza. Trying to save the metre is very time-consuming.

Foggy is the weather since ’bout dusk

There is no light coming from the lantern

You reached me unexpected in a mind turn

Wheeling on the bridge I was ‘n’ busque.

The verses stem from Πούσι (pronounced pu:ssi), a legendary collection of poems in contemporary Greek poetry. I added “mind turn” and “busque”, but the prosody is saved. One of the disadvantages of my translation is that it doesn’t make clear that we are on a cargo ship, which the original clearly states. And in my translation it becomes too clear that she, the woman who visits him during service on the vessel’s bridge, is a vision, which, in the original, is left to the reader to think.

But it’s the New Year’s Eve – a day whose evening is dedicated to ghosts visiting on the bridge while you wheel. Anyway, this is how I read it, you might read it differently.

Happy new year for now. I’ll return to the poem and to its connotations and, in fact, to something I have here that once belonged to the poet. Tomorrow maybe. I don’t know yet.

PS: I also suppose some psychoanalytic reading (think of the title in a context of a profession that encourages the Anglogreek sociolect…) one becoming revealed in the newest editions if one considers Tsarouchis’s xylography on the cover. Tsarouchis is also a legend of contemporary Greek painting, to be placed between impressionism and naive. Tsarouchis making the xylographies, Kavvadias the verse, Mikroutsikos the music in your head (yes, the poems were put into music to become extremely popular): this is poetry as Gesamtkunstwerk.

Scripta volunt

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Ich mochte Teile der Sonderausstellung des Athener Nationalen Museums für Zeitgenössische Kunst.

Mochte sie. Kein Thema.

Trotzdem fand ich ihr Konzept schwach.

Ich will zwar nicht bestreiten, dass eine in der Online-Bekanntschaft gewonnene Intimität kalt sein kann – was ein Teil des Konzepts war. Kalt kann jeder sein. Kalt wie eine Pfanne, die nicht lang genug auf der Herdplatte war. Das war nicht mein Problem mit dem Konzept.

Mein Problem war eher die Vorstellung, dass die Penpal-Intimität neu wäre. Was heute ein Handy-Display ist, war früher ein Stück Papier. Dass es Menschen gibt, die beim geschriebenen Liebeswort nicht entzünden können, ist auch nicht neu. Leute, die bei der feurigen Handy-Nachricht kalt bleiben, sind wohl dieselben, die beim gesprochenen Liebeswort nicht entzünden; die nicht entzünden – basta. Lasst sie in Ruhe, statt eure Handys zu beschuldigen.

Es gibt Leute, die die heutigen Liebesbriefe eher “Chatten” nennen, zumal wenn sie kein Englisch können; die das Wort für “klönen” mit dem Wort für “schreiben” verwechseln. Was nun? Deshalb wäre es als erwiesen anzusehen, dass im Schriftlichen entzündetes Feuer keines wäre? Es gibt auch Menschen, die das Feuer partout dämonisieren. Die hätten wohl strohdumme, trockene Worte auch auf Papier statt auf dem Display geschrieben und wären im Bett wohl ebenfalls flach geblieben. Soll nun das Handy auch an Oberflächlichkeit und Unkönnen schuld sein?

Trotz allem: gute Ausstellung. Liebenswürdig. Versteht es als eine Art Liebeswort.

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I liked parts of the current temporary exhibition of the National Museum of Contemporary Art in Athens.

Loved them.

Nevertheless, I still believe that the underlying criticism of an “Age of Cold Intimacies” is fishy.

Not that I would doubt the possibility of an online acquaintance to be coldly intimate. Still, anything can be cold. A pan on fire that didn’t have the time to be warm, is cold. This wasn’t my problem with the concept.

My problem was the underlying assumption that cold intimacy between penpals is new. What today is a screen, used to be a piece of paper. You get people unable to spark by the help of paper or mobile writing devices. I suppose them to be people who would be unable to spark when love is uttered or unable to spark in bed and very likely unable to spark – period. Why is the iPhone to blame for their sparklessness?

Of course it is cold to call a “chat” what in a long tradition that reaches at least from Jane Austen to Elvis Presley would be called a love letter. As a matter of fact it’s not correct English to call it thus. But I can’t see why the corresponding inability is new. There were always people who demonised sparks and fires and so on. Who would expect them to be experts of lyricism?

Despite the criticism: a very good exhibition. An inspiring and, indeed, poetic one after all.

Non-maritime allegory: A hard day’s night

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Ich kaufte den schlafenden Amor nur, nachdem die Museumsangestellten mich darauf hingewiesen hatten, dass er geschenkt zu werden verdient. Nach der harten Arbeit eines anstrengenden Tages doch! Seiner Arbeit. Dieser Schlaf lässt so viel ahnen! Sie lachten dabei.

PS: Warum benutzt auf einmal die Renaissance die Form des antiken Amor als Engel statt der strengen Cherubim und Seraphim?

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I bought the sleeping Amor only after the museum’s employees told me that he deserved to be a present. After a hard working day. Meaning his hard working day. Look at that sleep that insinuates so much. They laughed.

PS: Why are angels depicted as Amores in the renaissance? Instead of their previous depiction as Cherubim and Seraphim?

The parallel

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Greta ist meine Tochter und sie sagt mit Sechzehn Sachen wie: “Eine Frau, die ihrem Herzen folgt, gilt als die schlimmste Person der Welt. Ein Mann, der das tut, wird gefeiert”. Sie guckt entsetzt dabei.

Joachim Triers Film Der schlimmste Mensch der Welt (nominiert für zwei Oscar) ist liebenswürdig genauso wie die Protagonistin, genauso wie die Rolle der Frau, die das Medizinstudium, anschließend das Psychologiestudium, anschließend mit Aksel, anschließend mit Eivind abbricht.

Nach der Filmvorführung habe ich noch nicht an Gretas Spruch gedacht. Erst nachts passierte das, als ich an Woody Allens Film Hannah und ihre Schwestern dachte, wo (natürlich!) der moralistische Unterton (“schlimmster Mensch” oder?) fehlt, da die Person, die dort ihrem Herzen folgt, Hannahs Ehemann ist, ein Mann – gespielt übrigens von Michael Caine.

Wer findet die moralistischen Untertöne nicht strange? Diese bestimmten, meine ich, gegenüber der Frau in einem bestimmten Kontext in einem 2021 gedrehten Film verglichen mit dem Fehlen solcher Untertöne gegenüber dem Mann im ähnlichen Kontext in einem 1986 gedrehten Film?

Nach der Filmvorführung die Diskussion im Kinosaal: “Sie hätte zu ihrem Boyfriend gehen sollen, sagen sollen, guck, ich habe mich in jemanden verliebt, kannst du mir helfen, mit dir darüber hinwegzukommen?”

So die Wortmeldung einer Frau aus dem Publikum…

Spießertum erstreckt sich offenbar über alle Ebenen des Daseins. Hier sind die Schichten mindestens drei. Die erste Ebene ist die offensichtliche: Die Fiktion wird als ein Dokumentarfilm angesehen und als ein Ansporn zur Beratungsrunde. Die zweite Ebene besteht in der Unfähigkeit zu erkennen, dass der Moralismus in einem Film nicht die Natur der Dinge widerspiegelt, sondern meistens die Sichtweise im Skript. Es gibt noch eine Schicht: Sie besteht darin, in den Individuen Diener von Allgemeinbegriffen wie “Schulklasse”, “Unistudium”, “Beziehung” zu sehen statt umgekehrt in den Allgemeinbegriffen Funktionen, deren Argumente die Individuen sind. Hier ist nicht nur Spießertum, sondern auch archaischer Kollektivismus zu erkennen.

Und ja, Frauen sind oft sehr spießige und orthodoxe Großinquisitoren, wenn andere Frauen das Thema sind.

Greta spricht alles in allem ein echtes Problem an, vergisst aber, dass es oft Frauen sind, die Impulsivität beim Mann feiern und bei der Frau ablehnen.

Gleichzeitig ist sie erst sechzehn. Etwas Geduld und ihr werdet Augen machen…

Momentan kann ich nur den Film empfehlen: Renate Reinsve als schlimmster Mensch der Welt. Regie von Joachim Trier.

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My daughter Greta is sixteen and she says things like “If a woman follows her heart, then people say she’s the worst person in the world. If a man does so, he’s celebrated”. Highbrow!

I watched Joachim Trier’s Worst Person in the World (two Oscar nominations) and I loved it, and I liked the protagonist and her role as a woman who quits medicine for psychology, quits psychology for a guy named Aksel, breaks up with Aksel for a guy named Eivind, breaks up with Eivind – period…

And I thought of my daughter’s dictum later in the night when I had this reminiscence to Woody Allen’s Hannah and her Sisters, where, of course, the moralistic undertone (“worst person” huh?) is absent because the impulsive person who follows his heart there, is Hannah’s husband, a man – the role is played by Michael Caine.

Isn’t it strange to have moralistic undertones towards women concerning some issue in a film made in 2021 but none of a such towards men concerning the same issue in a film made in 1986?

After the performance, discussion on the film in the cinema. “She should go to her boyfriend and tell him, look, I fell in love with someone, can you help me get over it?”

The person who said that was a woman…

Now, there is some philistinism here on many levels: the obvious philistinism consists in looking at a work of fiction as if it were a documentary, and making moral judgments. The other is the inability to realise that moralism in films is given by those who made the film, to be mostly independent of the nature of things. And one more layer of philistinism consists in believing that individuals are there to serve general notions like: “school class”, “university studies”, “relationship” etc.; consists in failing to see that, on the contrary, it’s the general notions that are there to serve individual needs. But is this last layer only one of philistinism or is it also archaic collectivism?

And yes, women are often the harshest philistines and bishops of the inquisition when other women are the issue.

So, my daughter Greta addresses a real problem but she forgets to say that it’s women who celebrate men in love, women who condemn women in love.

Well, Greta is still only sixteen. Wait and see…

For now, just watch the film: Renate Reinsve is the Worst Person in the World, directed by Joachim Trier.

Faith, fate and courage, or: Phaedrus’s politics

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Die griechischen Parlamentswahlen rücken näher und Ich gehe nicht wählen. Leute, die nicht wählen gehen, sind oft Fatalisten. “Was soll’s? An meiner Stimme hängt es wohl nicht. Und wenn doch: keiner kann seinem Schicksal entgehen: Ich nicht, meine Freunde nicht, und dieses Land ist keine Ausnahme”.

Ich bin nicht so. Ich glaube zum Beispiel nicht ans Schicksal. Trotzdem gehe (oder fliege) ich nicht wählen. Ich muss zu Hause in Deutschland meinen Geschäften nachgehen. Leben ist natürlich das, was mit einem passiert, während man anderweitig beschäftigt ist. Ich kann darauf jetzt nicht eingehen, obwohl ich denke, dass es auch mit mir so ist.

Wenigstens lese ich über das Leben. Meine Literatur zu den griechischen Wahlen ist allerdings Platons Symposion. Phaidros sagt dort (OK, ich weiß: Phaidros ist dort blutjung und ganz grün hinter den Ohren, aber zuhören!), dass der Mut und die Selbstlosigkeit Tugenden sind, die durch Liebe zutage treten. Am mutigsten kämpft, wer zu der Zeit von Liebenden beobachtet wird. Alkestis stirbt für ihren Ehemann, Achill stirbt für Patroklos. Liebe ist mit Sicherheit eine Art Mut. Denn Liebe ist sich selbst zurücklassen. Politisches Handeln ist ähnlich, zum Beispiel wenn wir uns zurücklassen, um kollektive Zielsetzungen zu verwirklichen.

Wer glaubt, dass es ein Schicksal gibt, wird nie riskieren, ob als politischer Mensch, ob als Lebender, ob als Freund. Zum Riskieren und zum Lieben bedarf es des Mutes.

Hätte er an diesem Tag diesen Mut nicht gezeigt…

wäre Achill nach Griechenland gekommen und erst in hohem Alter gestorben…

sagt Phaidros. Thetis, die Mutter und Göttin, hat ihren Sohn nämlich gewarnt: Heute wirst du entweder für Patroklos sterben oder nach Hause gehen. Das ist das Schicksal, mein Sohn…

Glauben in die Gemeinsamkeit, in die Freunde, in die Liebe ist in einem Punkt Hassen: Der Begriff Schicksal muss jedenfalls gehasst werden.

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Elections in Greece approach, and I’m not participating. People who don’t participate do that because often they believe that there is something like fate and they can’t help: the country, the other, themselves. I don’t believe in fate. However I still don’t participate to the Greek general elections because I have to stay at home in Germany having other plans. Life is, the proverb says, what happened to you while you had other plans, but let’s not elaborate on this.

I do read about life. Well, my reading for the Greek general elections is Plato’s Symposium, where Phaedrus (I know, a naive lad but listen to him!), well Phaedrus says that courage and selflessness are virtues incited by love. Fighters fight best when they’re observed by those who love them. Alcestis dies for her husband, Achilles dies for Patroclus. Love is definitely courage. Love is leaving yourself behind. Political action too. Political action can be selfless and courageous when you leave yourself behind to meet collective needs.

People who believe that there is an unalterable fate do not take the risk to act – politically, lovingly… Towards the others: community, friends, lovers. They don’t take the risk out of lack of courage.

If Achilles didn’t have the courage on that day,

he would have returned to Greece and die only an old man…

says Phaedrus. Achilles had been warned by Thetis, mom and goddess: Today you’ll either die for Patroclus or return home. That’s fate, my son.

Having faith, in community, in a friend, in a lover, is to hate fate. That is faith…

Lovin’ and analyzin’

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Benni Andrae, der neuerdings Philosophia Verlag übernahm, wird nicht müde zu betonen, dass die Sprachanalyse sich außerstande zeigt, Texte zu produzieren, die für das Leben eines Individuums relevant sind. Die analytische Philosophie bleibt gelehrt, in manchen Fällen genial als Instrument zur Entdeckung der Grenzen der Erkenntnis oder des Entscheidens, aber ihre praktische Anwendung in beiden Bedeutungen des Wortes “praktisch” (auf die Frage “Was soll ich tun” antwortend sowie nützlich) ist zweifelhaft.

Dazu imstande wäre sie allerdings durchaus. Es sind eher die Peer-Review-Kultur und die neopositivistische Erbsünde, die sie davon abhalten, eine Anleitung zum Glück oder zu weniger Unglück zu sein.

Ausnahmen sind vorhanden. Hier gibt es etwa ein analytisches Argument, wonach Tinder und Elitepartner vertraut werden soll, wenn sie eine Person als die bessere Wahl suggerieren denn eine andere. Hier wiederum ist mein Argument für die Behauptung, dass Dating-Apps genauso zu vertrauen sind wie das Würfelwerfen oder die Intuition. Die grundlegende Annahme hierzu lautet, dass die Schlussfolgerung, die zu einer Entscheidung führt, im echten Leben oft nichtmonoton ist.

Darüber hinaus habe ich ein neues Argument, wonach das Aufeinandertreffen von Personen per Dating-App höchstwahrscheinlich unpassende Paare erzeugt.

Wenn Frauen mit Blick auf die externen Qualitäten der Kandidaten die Datenbank nach Männern durchforsten, die jünger sind als sie selber (ich weiß Jungs: Das tut weh!) und Männer mit Blick auf die externen Qualitäten der Kandidatinnen die Datenbank nach Frauen durchforsten, die ebenfalls jünger sind als sie selber (die Damen können hämisch sagen, die Männer täten gut daran, erfahrene Frauen zu wählen, die bei einem Herzinfarkt Ruhe bewahren und Hilfe holen, aber die Häme ändert die Tatsache nicht), dann besteht eine absolute Sicherheit, dass Männer wie Frauen mit höchstens ihrer zweiten…

…dritten…

…vierten…

Wahl vorliebnehmen. Oder mit einer noch niedrigeren.

Beweis: Es ist eine analytische, jedenfalls eine mathematische Wahrheit, dass niemand jünger als irgendein jüngerer “Seelenverwandter” oder irgendeine andere jüngere Person sein kann.

Außerdem stellt der Versuch, die Eigenschaften einer Person zu lieben, einen Kategorienfehler dar. Die “Liebe” von Eigenschaften (etwa Reichsein, Fleischigelippenhaben, Tranquilité) ist kein legitimer Gebrauch des Wortes “Liebe”. Liebhaber im durch Jahrtausende tradierten Sinn des Wortes lieben auch die Imperfektionen und Laster der geliebten Person. Wir lieben natürlich die Tugenden auch, was uns zum Glauben verleiten kann, dass wir vordergründig die Tugenden der geliebten Person lieben. Das Wort “vordergründig” ist hier hervorzuheben. Denn vordergründig lieben wir die Person.

Dem zu Folge sollte man unabhängig von den Eigenschaften daten. Und zwar ohne die Dating-Apps.

Es gibt sie, die lebensverändernde Sprachanalyse. Man muss ihr nur eine Chance geben.

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Benni Andrae of Philosophia Publishers deplores the fact that analytic philosophy, despite providing erudite or brilliant analysing of the limits of knowledge or decision making, normally remains irrelevant for the way individuals conduct their lives. It almost never gives one practical advice – and I mean “practical” in both senses of the word: towards happiness and useful.

In fact, analytic philosophy would be fully capable of supporting happiness and rationality in everyday life. For a series of reasons, however – the peer-review culture, the neopositivistic background which is, alas, still existent – it normally doesn’t.

E.g. here is an analytic argument for you to trust Tinder and Elitepartner when they suggest you to accept a person as a soulmate because their algorithm says so, and, in contrast, here is my argument that you could trust them as much as your intuition towards the girl or the boy you met in the supermarket, since decision-making is nonmonotonic.

And I even have a new argument that dating sites are totally crap! Here it is:

Women seeking (let’s face it guys!) for a younger lover in virtue of external properties and men seeking (you’re not alone, ladies!) for a younger piece of flesh in their beds also in virtue of external properties, results to no matches unless someone opts for a second…

…third…

…fourth…

…etc…

choice.

You see, it’s an analytic, indeed a mathematical truth that you can’t be younger than your younger “soulmate”.

Additionally, loving a person’s properties is a category mistake. “Loving” properties (“Has money”; “Has fleshy lips”, “Enables tranquility” etc.) is not a legitimate usage of the word “loving”. Because, obviously, one loves even the vices and imperfections of the beloved. Trivially, one also loves the virtues of the beloved too, which could mislead you to think that you love primarily the virtues. “Primarily” is here the crucial word. Well, primarily the lover loves the person. Virtues are abstract concepts. You don’t love abstract concepts, do you?

Which, in its turn, means that you should meet persons independently of their properties. Without the dating apps.

As you see, there is a life-changing linguistic analysis. It only has to be given a chance.

Such a perfect sec

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Leonidas Pantelides, der sehr bekannt als Diplomat ist und genauso bekannt als Philosoph zu sein verdient, macht die Natur der Zeit durch González-Torres’ Installation Perfect Lovers deutlich. Die Zeit ist das gemeinsame Uhrticken und das Uhrticken auf dieselbe Sekunde. González-Torres wollte mit seiner Installation kein Sinnbild für die Zeit, sondern eines für die Liebe schaffen. Salopp ausgedrückt, reicht es nicht, wenn die Liebenden eine halbe Stunde nach dem Mittagessen Lust verspüren. Wenn sie zu verschiedenen Zeiten essen, finden sie nicht zueinander.

Irgendwann geraten die Uhren der Installation aus dem Rhythmus. So wie tatsächliche Liebhaber auch. Es gibt Tobi Wongs Replik der Installation von González-Torres, wo die Uhren mit der Atomuhr des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums synchronisiert sind. Es gibt auch Cerith Wyn Evans’ Version für untreue Paare.

Leonidas P., der Freund, der Denker, hat Recht. Die Uhren sind sinnbildlich für die Zeit, nicht für die Liebe. Gleichzeitigkeit ist um so mehr garantiert, je mehr Uhren nebeneinander funktionieren. Für den Begriff Liebe ist allerdings meine concept-art-Version von Perfect Lovers die repräsentativste. Zu finden ist sie nach dem englischen Text, der hierauf folgt.

Enough with scrolling

Leonidas Pantelides, a well-known diplomat who deserves at least equal fame as a philosopher, gladly uses González-Torres’s installation Perfect Lovers to explain the nature of time. Time is a pace of ticking, and the ticking of the same second. González-Torres‘s intention was to symbolise love, not time. A blunt example would be lust. Lovers may have it thirty minutes after lunch, but if they had lunch in different moments, they are not lovers of one another.

At some point, one of the clocks of the installation gets off the pace. Which is something that can happen between lovers too. Tobi Wong’s replica of González-Torres‘s installation is synchronised with the atomic clock of the US defense ministry. Cerith Wyn Evans made a version for unfaithful partners.

Leonidas P., the friend, the thinker, is right, you see. The more clocks you have, the more certain you can be for having the correct time. But I have my own concept-art installation, in fact a version of González-Torres‘s, to depict love. Here you are: